Das Wahlprogramm der AfD Sachsen? Ein Desaster.

Auswendiglernen statt Kompetenzerwerb? Die AfD Sachsen fordert genau das.

So beginnt die AfD ihr Bildungsprogramm auf Seite 18 damit, kompetenzorientierten Unterricht zu kritisieren. Stattdessen solle die Vermittlung von Wissen bzw. Fachwissen im Vordergrund stehen. Spannend wird es bei den Argumenten.  Denn hier, oh Überraschung, verweist die AfD auf mangelhafte Kompetenzen (im Lesen, Zuhören, der Rechtschreibung und in Mathematik). Hatte sie nicht gerade noch die Kompetenzorientierung kritisiert? Zum Beleg führt sie die Ergebnisse der IQB Bildungstrends an. Gelesen hat sie diese aber nicht, denn auch jene misst den Bildungsstand explizit anhand von Kompetenzen. Wie die sächsischen Schüler:innen hierbei besser abschneiden sollen, wenn Kompetenzen in den Hintergrund rücken, darf man deren Kandidat:innen gerne fragen.

Abitur und Studium? Wenn es nach der AfD geht, nur für Eliten.

Wirklich haarsträubend wird es auf Seite 19. Hier fordert die AfD allen Ernstes, dass nur noch Schüler:innen mit Noten 1.5 oder besser in ihren Hauptfächern für das Gymnasium zugelassen werden sollen und bezeichnet das (Ironie pur!) als „durchlässiges“ Schulsystem. Gymnasiast:innen werden als gefährdend für Ausbildungsberufe bezeichnet. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Der Anteil jener Abiturient:innen, die eine schulische Ausbildung beginnen, ist von 35 Prozent im Jahr 2011 auf 49,1 Prozent im Jahr 2021 gestiegen (Quelle). In diesem Abschnitt wird, wie an vielen anderen Stellen, eine beängstigende Verachtung gegenüber Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen deutlich.

Exklusion ist bei der AfD Programm

Dass die AfD den Sonderweg Sachsens bzw. Deutschlands fortführen will und  Kinder mit besonderem Förderbedarf abgesondert an Förderschulen unterrichten lassen will, ist keine Neuigkeit. Dreist geht es aber weiter: Statt  die Bedürfnisse und Chancen jener Kinder zu fokussieren, solle deren Bildung „Erzieher und Lehrer nicht überfordern“. Als wären wir hier nicht 50 Jahre weiter. Wen echte Lösungen interessieren, der sehe sich diese Seite der Unesco an.

Der Beutelsbacher Konsens: Zu kompliziert für die AfD

Auf Seite 22. stellt die AfD sich vorgeblich hinter den Beutelsbacher Konsens. Aber wie ernst es ihr damit ist, wird schnell klar. Vom Überwältigungsverbot und dem Ideal, dass Schüler:innen die Kompetenz entwickeln, selbstständig zu urteilen, hat die AfD sich jedenfalls schon im Absatz zuvor verabschiedet. Dort propagiert Sie die Vermittlung von Heimatliebe und stilisiert diese zur angeblichen Voraussetzung interkulturellen Respekts. Dabei ist die rechte Vereinnahmung des Heimatbegriffes einer der Hauptgründe diesen kritisch zu betrachten. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Auch andere Themen, etwa zur Geschlechtergerechtigkeit und der Vielfalt von Familien- und Lebensmodellen sollen nicht mehr an Schulen offen reflektiert werden (S.22).

Medienkompetenzen nur ohne die AfD

Überrascht hat mich die Forderung der AfD, dass digitale Technik erst ab Klassenstufe 4 zum Einsatz kommen dürfe. Wie kann man auf solch eine Idee kommen? Nicht nur müssten Lehrer:innen dann auf moderne Unterrichtsmedien, Lernprogramme und individualisierte Werkzeuge verzichten, nein es hieße auch, dass Schüler:innen ihre ersten Schritte in der Digitalen Welt machen, ohne in der Schule Kompetenzen zum Umgang damit zu erwerben. Das Internet, Computer – und ja auch das Handy – gehören zur Alltagswelt von Kindern immer früher dazu. Es hilft nichts, vor dieser Realität, wie die AfD, die Augen zu verschließen. Wir nähmen uns damit nur die Chance unsere Kinder zu unterstützen.

Mangel an Lehrer:innen durch weniger Lehramtsstudierende? AfD-Logik!

Auf Seite 24 erhebt die AfD die Forderung, durch standardisierte Eignungstests und Auswahlverfahren Interessierte vom Lehramtsstudium abzuhalten. Wer erklärt den AfD Kandidat:innen und Untersützenden die Rolle der Abiturprüfung (und anderen Bildungswege die zum Lehramtsstudium befähigen)?

Weitere Aussagen im Fakten- und Vernunftscheck:

Es gäbe eine fortwährende Senkung der Leistungsanforderungen zur Erhöhung der Abiturientenquote(S.18): Das ist falsch. So stieg in den letzten Jahren die Zahl der Schüler:innen, welche das Abitur nicht bestanden, während die Durchschnittsnoten weiter relativ stabil blieben. (Quelle)

Migration verstärke den Lehrer:innenmangel (S.21): Hier ist das Gegenteil der Fall. Lehrer mit Migrationshintergrund haben eine besondere Bedeutung für unser Bildungsystem, auch und gerade für Schüler:innen, die keinen Migrationshintergrund haben. (Quelle)

Auf S.82 fordert die AfD, dass in den Schulen ein „Grundverständniss für moderne Landwirtschaftliche Produktionsweisen“ vermittelt werde: Eine ebenso nebulöse wie kuriose Forderung. Sie verletzt auch die Zurückhaltung, welche die Politik üblicherweise gegenüber den Lehrplänen walten lässt.

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5 Kommentare

    1. Hier geht es nicht um ein „Sollen“ sondern darum, dass auch jene die Chance verdienen, an das Gymnasium zu dürfen. Ich empfehle dir gern die folgende Seite dazu: https://www.trixitumert.de/mit-dreien-aufs-gymnasium-warum-noten-nichts-ueber-das-potenzial-deines-kindes-aussagen/#5_Welchen_Notendurchschnitt_muss_mein_Kind_haben_um_aufs_Gymnasium_zu_kommen

      Nicht ohne Grund ist es auch heute schon eine Bildungs“empfehlung“ und auch Kinder ohne jene für das Gymnasium können (sicher nicht ohne Anstrengungen) per Leistungserhebung auf das Gymnasium wechseln.

      Warum sollte ein Kind mit einem Notenschnitt von 1.7 oder gar 2.7 nicht am Gymnasium probieren dürfen? Was befürchtest du?

  1. Ich verstehe absolut nicht, warum immer auf der AFD herum gehackt wird. Das Fragezeichen in der Überschrift, sollte eher hinter „Ein Desaster“ stehen. Jede Partei hat positive, wie auch negative Ansichten, resp. Wahlprogramme, dies kann ja dann jeder einzelne Mensch für sich entscheiden, ob er dafür stimmt oder nicht. Von vornherein wird erstmal alles abgeblockt, über alles aufregen geht auch, aber einer Partei, egal welche, mal eine Chance geben ist nicht drin. Egal wen wir nächsten Sonntag wählen, ob es für Deutschland besser wird oder schlechter, werden wir doch sehen. Aber diese Art von schriftlicher oder verbaler Manipulation in den Medien finde ich grauenvoll.

    1. Weder hackt der Post auf irgendwem rum, noch regt er sich über alles auf. Wenn die AfD Dinge fordert, die grundfalsch sind, dann kann man die auch kritisieren.

      Manipulativ wäre da höchstens ein Schweigen darüber. Und ja eine (völlig unkonkrete) Diffamierung von Medien ist auch manipulativ.