Wehrpflicht? Nein Danke

Am 12.6. 2024 hat Boris Pistorius seine Vorstellungen einer Wiedereinführung der Wehrpflicht vorgestellt. [Quelle beim BMV] Meiner Meinung nach leidet der Vorschlag unter folgenden Mängeln.

Wehrgerechtigkeit? Fehlanzeige

Einer der gewichtigen Gründe für die Abschaffung der Wehrpflicht war, dass von jedem Jahrgang in den letzten Jahren ein immer geringerer Teil der Wehrpflichtigen eingezogen wurde. Von den etwa 650.000 Menschen eines Jahrgangs sehen die Pläne vor, idealerweise 20.000 Menschen einzuziehen, zu Beginn wegen fehlender Kapazitäten gar nur 5000. Das entspricht einem Anteil von 3% bzw. unter 0,8% zu Beginn.
Pistorius Vorschlag nennt als Kriterien für die Auswahl „Geeignetheit und Motiviertheit“ und lässt damit bewusst offen, ob auch gänzlich unmotivierte verpflichtet würden, wenn sie besonders geeignet wären. Eine Wehrpflicht nur für die kompetentesten kann aber kaum als gerecht betrachtet werden. Es ist auch keine Ansatz erkennbar die Geschlechterungerechtigkeit aufzuheben. So werden ausschließlich Männern Pflichten auferlegt und Strafen angedroht, wenn sie die neuen Auskunfts-, Musterungs- (und Wehrdienst-?)pflichten verletzen.

Effizienter Mitteleinsatz? Wohl kaum

Was Pistorius nur als „willkommenen Nebeneffekt“ bezeichnet wird von anderen in der Debatte meist als Hauptziel angegeben, der wachsenden Zahl offener Stellen in der Bundeswehr entgegenzuwirken. Zu den Kosten der neuen Wehrpflicht liegen derzeit keine öffentlichen Berechnungen vor. Immerhin müsste Befragung, Musterung, Ausbildung usw. komplett neu aufgebaut werden. Strack Zimmermann bezifferte die Kosten in einem Interview mit einem zweistelligen Milliardenbetrag. Wenn man Menschen für die Arbeit als Zeit- oder Berufssoldat gewinnen will ganz sicher kein effizienter Weg.

Sonderweg Deutschlands.

Mit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht würde Deutschland auch wieder zu jener Minderheit europäischer Staaten gehören, die auf eine Wehrpflicht statt eine reine Berufsarmee setzen. Auch das mag als ein Indikator gelten, dass eine solche wohl überlegt sein sollte. Ich kann nur an alle Verantwortlichen appellieren, den bisher eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen. Ausbildungskapazitäten der Bundeswehr in Deutschland sind vielmehr einzusetzen um die Ukraine bei der Ausbildung ihrer Soldat:innen zu unterstützen. Hier können sie sicher einen signifikanten Beitrag leisten.

Persönliche Note

Ich selbst habe von 2000 bis 2001 in einem Leipziger Fernmeldebattalion meinen Wehrdienst absolviert. Die Erfahrung, dass der selbe zur Wehrhaftigkeit effizient beitrüge, konnte ich dabei jedoch nicht machen. Die Abschaffung der Wehrpflicht beseitigte aus meiner Sicht einen Bruch im Bildungs- und Lebensweg vieler junger Menschen.

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